Die Heimstättensiedlung vor Lärm und Vibration schützen

D

Mit dem SPD-Ortsverein Heimstätte, der dort angesiedelt ist, wo die Grün-Schwarze Stadtregierung die neue ICE-Trasse plant, habe ich mich erneut über die verschiedenen Trassenführungen unterhalten. Herausgekommen ist folgende Pressemitteilung:

Die Darmstädter SPD setzt neue Impulse in der Diskussion um den Gesundheitsschutz für die Menschen an der ICE-Neubaustrecke. Während sich die Sozialdemokraten weiterhin für einen Verlauf an den bestehenden Gleisen am Haardtring stark machen, müsse für den Fall, dass die Züge in einigen Jahren an der Eschollbrücker Straße entlangfahren, vorgesorgt werden. Das war jetzt Thema einer SPD-Vorstandssitzung in der Heimstättensiedlung unter Beteiligung von Fachpolitikern und fachkundigen Bürgern aus der Siedlung.

„Die Bewohnerinnen und Bewohner an der Eschollbrücker Straße leben schon heute über der Belastungsgrenze“, so Phil Lehmann, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Stadtparlament, „und müssen nach Messungen des Landes Hessen mit einem Schalldruckpegel von knapp 70 db(A) leben. Bei über 55 dB(A) ist jedoch bereits mit Beeinträchtigungen des psychischen und sozialen Wohlbefindens zu rechnen. Mit anderen Worten: es ist jetzt schon mehr als genug Lärm in der Siedlung.“. Mit der neuen ICE-Trasse wird der Lärm nicht weniger – insofern die Stadtregierung mit ihrem Tunnel-Vorstoß bis zur A5 nicht durchkomme, sogar mehr.

„Die Befürchtungen, dass es eher lauter wird, konnte den Menschen bisher niemand nehmen“, bekräftigt auch Frank Horneff, Vorsitzender der SPD in der Heimstättensiedlung, „entweder durch direkten Lärm – oder indirekt durch die Vibrationen der Züge, die die Siedlung passieren. Uns gegenüber haben Anwohner nun Befürchtungen geäußert, dass die Vibrationen der Züge die Häuser beschädigen könnten.“

Eine Recherche der Sozialdemokraten ergab, dass der Umgang der Deutschen Bahn mit solchen Fällen kompliziert sei. Wie weist man schließlich nach, dass die Vibrationen durch die Züge schuld sind? „Bauherren, die sich entscheiden, an Gleisen zu bauen, können die Fundamente ihrer Häuser mit Gummimatten isolieren, damit nichts und niemand in Schwingungen versetzt wird. Wenn der Zug aber nach dem Haus kommt, liegt es an der Bahn, Vibrationen mit geeigneten Maßnahmen – zum Beispiel Matten im Gleisbett – zu minimieren. Wir fordern, dass die Stadt die Bahn hierzu in die Pflicht nimmt!“, fordert Fachpolitiker Phil Lehmann.

Und für den schlimmsten Fall, dass der Tunnel bis zur A5 nicht kommt und die Stadtregierung weiter stur an ihrer Trassenführung an der Eschollbrücker Straße festhalte? Für diesen Fall bringt die SPD passende Lärmschutzmaßnahmen ins Gespräch. „Uns ist wichtig, dass wir gemeinsame Lösungen mit den Menschen entwickeln. Das von oben herab muss auch in dieser Frage ein Ende haben.“, so Frank Horneff für die Siedler-SPD.

„Wir möchten erneut  betonen, dass wir die Streckenführung entlang der Eschollbrücker Straße nach wie vor ablehnen.“, erklären Frank Horneff und Phil Lehmann für die Sozialdemokraten.

Weiter erläutern Lehmann und Horneff: „Würden die Züge durch den bestehenden Trog am Haardtring geführt werden, hätten wir diese Probleme nicht. Ein Deckel auf dem Trog würde die Anwohnenden der Bestandsstrecke entlasten. Der Wald an der Eschollbrücker Straße müsste nicht gerodet werden – auch die zusätzliche Lärmquelle wäre passé.“

Leider habe sich die Grün-Schwarze Stadtregierung im Jahr 2016 gegen die ICE-Vollanbindung, gegen ihr eigenes Programm, gegen Naturschutz- und Fahrgastverbände gestellt – die Folgen spüren wir bis heute. Wir hoffen, dass wir sie für die Menschen an der Eschollbrücker Straße und in der Heimstättensiedlung möglichst klein halten können“, so die beiden SPD-Sprecher abschließend.

Für die heutige Stadtverordnetenversammlung, bei der ich aus gesundheitlichen Gründen leider nicht anwesend sein konnte, hatte ich zum gleichen Thema die folgende Rede vorbereitet, die dort in Vertretung gehalten wurde – und aufzeigt, warum der von der Stadtregierung geplante Weg nicht der beste ist.

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir waren überrascht, zum Thema Neubaustrecke Frankfurt–Mannheim hier einen Antrag von Ihnen vorgelegt zu kriegen. Denn nach einhelliger Meinung hat sich in den letzten Monaten nichts neues ergeben: die Bahn hat ihren Antrag auf Planfeststellung für die Nordanbindung Darmstadts Ende 2022 (16.11.2022) zurückgezogen – gleichzeitig aber versichert, dass sich für die Stadt Darmstadt nichts ändern. Auch die Kapazität der Neubaustrecke reiche – trotz nun erhöhten Prognosen – aus.

Die von Ihnen nach wie vor favorisierte Variante der Trassenführung an der Eschollbrücker Straße (Variante 2b; der Bypass) mag auf den ersten Blick gemeinsam mit den von Ihnen formulierten Forderungen attraktiv erscheinen.

Doch so, wie die Sachlage sich nicht geändert hat, haben sich auch die Argumente gegen die von Ihnen favorisierte Trassenführung nicht geändert. Dabei geht es eher nachrangig um den Prozess – so kritisiert nicht nur die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, dass die Trassenführung entlang der Eschollbrücker Straße trotz jahrelanger Debatte über andere Streckenführungen und bestehender Beteiligungsgremien einfach zwischen Bahn, Ministerien und unserer Wissenschaftsstadt vorabgestimmt und dann in einem Termin „aus dem Hut gezaubert und praktisch ohne Debatte“ direkt „zur Vorzugsvariante bestimmt“ wurde. So geht man mit dem Thema Beteiligung nicht um, meine Damen und Herren. Weder mit Bürger*innen, noch mit ehrenamtlichen Expert*innen.

Und so geht man auch nicht mit Wahlversprechen um. So stand im dann aktuellen Wahlprogramm von Bündnis 90 im Jahr 2020 noch: „die Vollanbindung des Darmstädter Hauptbahnhofs sei die einzige schlüssige Lösung“ (https://www.fr.de/rhein-main/darmstadt/darmstadt-streit-um-ice-trasse-geht-weiter-90126834.html). So ist es! Und dieses Versprechen haben Sie gebrochen! Weil es die einzige schlüssige Lösung ist, favorisiert die SPD auch weiter die Vollanbindung. Und Umweltschutzverbände wie die Westwaldallianz und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, sowie von Fahrgastverbänden wie PRO BAHN. Weil sie die einzige schlüssige Lösung ist. Warum?

  • Die Vollanbindung ist ein geringerer Eingriff in den Wald! Das sagt auch der BUND – denn, ich zitiere „es [kommt] aber [nach Bundesnaturschutzgesetz] darauf an, dass bei der Variantenauswahl die zumutbare Trasse mit den geringsten Beeinträchtigungen gewählt wird“. Und eben nicht die billigere. Und die Umweltprüfung für die Vollanbindung fiel sehr viel besser aus, als für den Bypass.
  • Die Vollanbindung bietet eine größere Kapazität für noch mehr Mobilität auf der Schiene!
  • Die Vollanbindung ermöglicht es uns, bestehende Infrastruktur – zum Beispiel den Trog am Haardtring – umweltfreundlich auszubauen – statt grüne Wiese und Wald zu versiegeln und zu zerstören.
  • Was spricht denn gegen die Vollanbindung? Sie ist definitiv teurer. Der Bau an Bestandsstrecken ist komplexer. Dafür bietet sie aber auch mehr Kapazität – damit wir die Zukunft wirklich auf die Schiene bringen können. Das sehen übrigens nicht nur die Organisationen so, die sich für die Vollanbindung einsetzen.

Drei südhessischen Landräte und ein Oberbürgermeister haben Ende 2020 (23.12.2020) an den amtierenden Bundesverkehrsminister Scheuer geschrieben und dort den Bau einer viergleisigen neuen Strecke gefordert. Ich zitiere: „Das Mindeste, was die Region hierzu erwarten kann, ist eine Planung, die aufwärtskompatibel ist“. Der eben genannte Oberbürgermeister hieß – Jochen Partsch, der kurz vorher noch die Trassenauswahl der Deutschen Bahn öffentlich gefeiert hatte. Aber wenn sie eine aufwärtskompatible Planung wollen – warum setzen Sie sich dann nicht für die Vollanbindung an?

Der Name „Bypass“ sagt ja schon, dass es eher die Minimallösung ist. Und die Minimallösung für die Mobilität der Zukunft – die Schiene – lehnen wir ab.

Kommentar hinterlassen

Diese Seite ist durch reCAPTCHA und Google geschütztDatenschutz-Bestimmungen UndNutzungsbedingungen anwenden.