Von Hochbau-Leitlinien und barrierefreien Schulen

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Von Leitlinien…

Auch die vom Magistrat in der heutigen Stadtverordnetenversammlung vorgelegten “Leitlinie für den nachhaltigen Hochbau der Wissenschaftsstadt Darmstadt” fußen auf dem Beschluss “Höchste Priorität fürs Klima – Darmstadt handelt – Weltklima in Not” aus dem Jahr 2019. Um so verwunderlicher ist es, dass auch hier 3 Jahre ins Land gehen mussten, bis dieser Beschluss umgesetzt wird. Nichtsdestotrotz enthält er viel gutes, weswegen die SPD-Fraktion ihm auch zustimmen konnte.

Aber uns fehlten ein paar Punkte, welche ich in einem Änderungsantrag mit dem Titel “Transparenz für Klimabilanzen – 100% Solar – 100% Barrierefrei” beantragt habe:

  1. Die für Hochbaumaßnahmen erstellten Klimabilanzen werden in den öffentlichen Teil der jeweiligen Magistratsvorlage aufgenommen und so transparent gemacht.
  2. Eine weitergehende Lösung für überdachte Fahrradstellplätze: „Fahrradstellplätze sind in der Nähe der Eingänge unterzubringen und, wo sinnvoll möglich, zu 100% zu überdachen.“
  3. Eine weitergehende Lösung für erneuerbare Energien: „Die genannten Stellplätze sind, wo sinnvoll möglich, zu 100% mit Solardächern und Solarzäunen auszustatten.“
  4. Weitergehende Formulierungen in Bezug auf die barrierefreie Gestaltung der Hochbauten: diese müssen barrierefrei sein – im Entwurf heißt es, sie sollen barrierefrei sein. Zudem bezieht sich der Entwurf nur auf Sanitäranlagen, nicht auf das Gebäude insgesamt, was wir ändern wollen.
  5. Zudem finde ich es sinnvoll, dass der Darmstädter Club Behinderter & ihrer Freunde e.V. (CBF) nicht als Unterstützung beteiligt werden soll, sondern dieser ab der Vorplanung als Unterstützung angefragt werden muss. Warum? Weil späte Änderungen immer teurer sind, als solche, die früh erkannt werden. Und weil Barrierefreiheit eben nichts ist, was man vielleicht mal irgendwann machen kann – sondern eine Pflichtdisziplin sein sollte.

Das sahen die Regierungskoalitionen leider anders – und haben widersprüchlich argumentiert, dass (a) “muss” natürlich damit gemeint sei und (b) die Herstellung einer kompletten Barrierefreiheit ja vielleicht gar nicht überall möglich sei und haben meinen Antrag dementsprechend abgelehnt. Das Darmstädter Echo berichtete leider nur kurz & bündig:

Philipp Lehmann von der SPD nannte die Vorlage einen „riesigen Schritt”, geißelte jedoch, dass sie 40 Monate gebraucht habe, seit Klima die höchste Priorität zugesprochen worden war. Es sei kein Überbietungswettbewerb, den die SPD hier anstrenge, sondern der Wunsch nach Verbindlichkeit.

… bis hin zu barrierefreien Schulen (Addendum für Ende Februar 2023)

Auf die Probe gestellt wurden die Leitlinien direkt in der nächsten Stadtverordnetenversammlung bei der Sanierung des Ludwig-Georgs-Gymnasium (Magistratsvorlage 2023/0019). Hier war der unglaubliche Satz enthalten:

Die Herstellung der Barrierefreiheit der gesamten Schule kollidiert mit den Belangen des Denkmalschutzes.

Schüler*innen, die es im Leben aufgrund ihrer körperlichen Beeinträchtigung sowieso schon schwerer haben als andere, dann auch noch aus gewissen Räumlichkeiten auszuschließen, widerspricht eklatant dem Grundgesetz (Art. 3 Abs. 3 Satz 2: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“.), Artikel 9 der UN-Behindertenrechtskonvention und dem Behindertengleichstellungsgesetz. Wir haben dazu einen Änderungsantrag gestellt, welcher diesmal einstimmig angenommen wurde. Ich finde es aber irritierend, dass so eine Beschlussvorlage es überhaupt über den Schreibtisch eines Dezernenten schafft… vor allem, wenn im gleichen Monat noch behauptet wurde, dass man natürlich darauf achte.

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